Pastorale Chancen der Säkularität

Die Religionssoziologie analysiert Säkularisierungsprozesse als grundlegende Trends moderner Gesellschaften. Wie ist Säkularität aber pastoral(theologisch) zu deuten? Sie ist nicht als feindlicher Gegenpart zu Religion und Christentum anzusehen, obwohl sie vielen pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als „innerer Feind“ gilt (M. Spaeth). Vielmehr bietet Säkularität viele Chancen: Die Ausdifferenzierung der modernen Gesellschaft, die der Religion keinen übergeordneten Platz mehr einräumt, sondern sie als ein gesellschaftliches Teilsystem unter anderen einordnet, befreit das Christentum von Aufgaben und Funktionen, die gar nicht seinem eigentlichen Auftrag entsprechen. Somit kann der Prozess der Säkularisierung auch gelesen werden als Befreiungsgeschichte des Christentums zu seinem Eigentlichen: der Verkündigung des Evangeliums in Tat und Wort in den Gesellschaften der Gegenwart.

Darüber hinaus fordert Säkularität zur Entwicklung von Kirche und Pastoral heraus: zu einem Ausstieg aus der Verkirchlichungsfalle und aus der Profilierungsfalle und zu einem Einstieg in eine positive Kulturhermeneutik und eine Pastoral des Lernens (M. Sellmann). Säkularität bedeutet keine weltanschauliche Position, sondern stellt eine neutrale Schutzzone dar, die in Äquidistanz zu allen weltanschaulichen Positionen steht (K. Wenzel). Kirche hat diese Sphäre zu verteidigen und zu schützen.

Dr. Tobias Kläden

Referat Evangelisierung und Gesellschaft

Tel 0361 | 54 14 91-31

Das könnte Sie auch interessieren

Konfessionslosigkeit – Indifferenz – Atheismus

Konfessionslosigkeit, religiöse Indifferenz, Atheismus: große Herausforderungen für Kirchesein – nicht nur im Osten Deutschlands!

weiterlesen

Religiöser Pluralismus in säkularer Gesellschaft

Das Verschwinden der Dominanz der großen christlichen Kirchen und ein zunehmender Religionspluralismus fordern nicht nur die Kirchen, sondern auch die säkulare Gesellschaft heraus.

weiterlesen

Moderne Spiritualitäten

Viele Menschen bezeichnen sich heute nicht als religiös, sondern als spirituell. Dabei greifen sie selbstbewusst auf verschiedene religiös-weltanschauliche Ressourcen zurück.

weiterlesen

Diaspora

Diaspora ist für eine Kirche als „kreative Minderheit“ eine Grundkategorie ihres Selbstverständnisses.

weiterlesen